Montag, 20. April 2015
Newtopia - so besser nicht
Die Herausbildung einer neuen Staatsordnung setzt eine bedachte Auswahl an Pionieren voraus. Unterschiedliche Altersgruppen, Interessen und Fähigkeitsprofile müssen bedient werden, um eine entsprechende Bandbreite an Intellektualität und Ideenpotential sicherstellen zu können. Individuell autonom denkende Menschen sind jedoch fehl am Platz, ebenso wie alphatiergeprägte Machteinforderungen. Hier wird schnell klar, dass die charakterliche Eignung weniger im Fokus steht, als die aufputschende Wirkung von Gegen-den-Strom-Schwimmern.
Außerdem kann eine neue Gesellschaftsordnung nur entstehen, wenn man der neuen Welt gestattet, sich von der Abhängigkeit der alten Welt lossagen zu dürfen. Solange Ressourcen der kapitalistisch geprägten Wirtschaft für die Sicherstellung von Grundbedürfnissen notwendig sind, müssen sich die Pioniere auch an dessen Spielregeln halten. Wie kann ich aber die Vorstellung eines innovativen, zukunftsweisenden Staates in die Tat umsetzen, wenn alle meine Bestrebungen an die Kapazitäten der Gegenwart gekoppelt sind?
Tatsache ist, dass der Kapitalismus solche Angst vor kommunistischen Gedankengut hat, worauf eine neue Weltanschauung grundsätzlich begrüßt wird, aber nur zu seinen Bedingungen - solange sie wirtschaftlichen Handel als Fundament trägt.
Weiterhin ist die Loslösung von bekannten Gesellschaftssystemen problematisch, wenn die Pioniere in eben solchen ein Leben lang groß geworden sind. Das Gedankengut ist automatisch gesteuert von allem gesehenen und erlebten. Ein Freigeist ist also begrüßenswert - jedoch nicht gleichzusetzen mit Intoleranz jedem anderen Gedankengut gegenüber.
Ebenfalls ungünstig, hat man sich einmal für die Besetzung der Pionierschaft entschieden, diese periodisch aus der neuen Gesellschaft herauszureisen und durch neue Individuen zu ersetzen. Das Potential des Menschen bildet sich evolutionär heraus und braucht Zeit für Entwicklung. Wie kann sich individuelles Potential herausbilden, wenn man diesem gar keine Chance dazu lässt. Außerdem ist die Anstachelung, durch Nominierungen unleidige Gesellschaftsmitglieder zu outen, eine unnötige Konfliktherbeiführung, die einzig dem Entertainment des Zuschauers dient und weniger mit frischer Ideenzuführung durch neue Pioniere zu tun hat.
Zudem sind die Motive, an solch einem Projekt teilzunehmen, mancher Pioniere mehr als fragwürdig und lassen die Vermutung zu, dass die Macher des Experimentes weniger die Resultate des Experimentes interessiert, als die Hoffnung, Einschaltquoten zu erreichen.
Also Newtopia - so besser nicht.

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