Montag, 22. Mai 2017
Leben tut weh
Leben tut weh.
Hoffnung zerreist mein Inneres.
Freude macht mich tief traurig, denn so herrlich wird es nicht immer sein.
Und doch ist das alles mehr, als ich zu wünschen getraut hätte, denn ich bin so lebendig wie lange nicht mehr.
Leben ist verstörend.
Glück bringt mich um den Verstand.
Licht lässt die Finsternis herein, denn nur durch das Licht werde ich mir der Dunkelheit überhaupt bewusst.
Und doch will ich all den Schmerz nicht missen, denn er erinnert mich daran, dass es etwas gibt, dass ich begehre.
Ich habe schnell gesagt, dass mich des Menschen Nähe nicht berührt und nun sind da diese Menschen, die sich in mein Herz geschlichen haben. Mit ihnen kann ich lachen, weinen, zornig sein. Vor ihnen muss ich mich nicht verstecken. Ich kann bescheuert und genial sein und brauche mich nicht verstellen. Ich fühle mich frei - nach so langer Zeit.
Aber mit dieser Freiheit kommt die Angst. Angst vor Endtäuschung, vor Verlust. Und mit dieser Angst kommt die Erkenntnis. Die Erkenntnis, dass mich die Nähe der Menschen nicht NICHT berührt, sondern die tiefen meines Ichs vor dieser Nähe flieht, um jede Endtäuschung auszuschließen.
Die Erkenntnis ist Leben und leben tut weh. Doch nur wer den Schmerz spürt, kann lernen, ihn zu ertragen und mit dem Schmerz kommt die Erkenntnis, wer zu dir gehört und wer nicht.
Leben tut weh, aber ich lerne gerade, dass die Angst vor dem Schmerz wahrhaft bescheuert ist, denn die Menschen, die ich mein Leben lasse, bringen so viel mehr Freude als Schmerz mit.

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Samstag, 20. Mai 2017
Die Kunst des Lügens
Du bist wie ich, vollkommen ehrlich - wie töricht!
Nur ein Narr beteuert die Wahrheit seiner Aussagen, denn wirklich ehrlich ist niemand von uns. Dein und mein begrenzter Verstand macht es und unmöglich, zu jeder Zeit zu Einhundert Prozent die Wahrheit zu sagen. Wir vergessen Details, bewerten Erinnerungen durch subjektive Sichtweisen und schmücken die Realität gerne aus. Des Menschen Wesen wird geprägt durch Beeinflussung. In jeden von uns steckt etwas unehrliches, doch sind wir deshalb nicht alle Lügner.
Bewerte nicht die Ehrlichkeit, nicht das Wahrhafte - suche nach Aufrichtigkeit.
Ehrlichkeit ist Vollkommenheit und vollkommen kann niemand sein.
Aufrichtigkeit ist Freundschaft, Zuneigung, der Beweis von Wertschätzung.
Jene, die zu dir aufrichtig sind, kannst du deine Gefährten nennen. Doch es werden nur Wenige sein, denn das Aufrechte im Menschen scheint rar geworden. Die Lüge, der bewusste Versuch der Täuschung, hat sich die Kunst der Glaubwürdigkeit zu Eigen gemacht und treibt ihr böses Spiel mit der Gutmütigkeit. Und es ist nicht leicht, die Raffinesse der Lüge zu durchschauen, ihrem kalten Blick der Gleichgültigkeit zu entkommen.
Aber wie alle Geister des Dunklen hat auch die Lüge eine Schwachstelle. Es gebraucht Mut zur Aufrichtigkeit, die Bereitschaft des Eingeständnisses eines Fehlers. Für die Lügenkunst braucht es nichts weiter als einen unehrenhaften Charakter.

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Donnerstag, 19. Januar 2017
Die Zweifel Anderer
Da möchte man meinen, dass wir inzwischen alle erwachsen geworden sind. Man vertraut uns den Alltag an, erwartet wie selbstverständlich, dass wir uns in einer sich ständig verändernden Welt zurecht finden und dabei wohl durchdachte Entscheidungen treffen. Aber an Tagen wie heute bezweifle ich ernsthaft, dass wir wahrlich erwachsen sind.
Müssten Erwachsene nicht auf das wirklich Wichtige im Leben besonnen und über solche Banalitäten wie Spott hinweg sein? Müssten sie nicht die Ernsthaftigkeit des Seins verstanden haben und für Gerechtigkeit einstehen, statt die sich immer wiederholenden Tiraden des Missfallens zu parolen?
Ich weiß nicht, wo ich stehe und es gefällt mir nicht, wie ich stehe - ich bin mir nicht einmal mehr sicher, ob ich überhaupt noch stehe. In der Vergangenheit wusste ich, wer zu mir gehört und wer nicht und trotzdem war ich unzufrieden. Nun bin ich zufrieden, aber die Menschen um mich sind mir mehr denn je ungewiss. Kann man denn nicht beides haben? Ich dachte eigentlich, das kommt mit dem erwachsen werden, ich hatte es wohl eher gehofft. Inzwischen habe ich festgestellt, dass es sich offenbar nicht so verhält.
Es ist nicht mein Zweifel, der mich zweifeln lässt. Es ist der Zweifel der Anderen, der mich grübeln lässt - welch Ironie. Und mit den Stunden der Grübelei ist es die Erkenntnis eines wohl vertrauten Gefühls, dass mich mein Inneres wieder schreiben lässt. Der Zweifel der Anderen hat mich mein ganzes Leben lang stark gemacht. Dass man es mir nicht zugetraut hat, eine Kriegerin zu sein. Dass man es für unmöglich gehalten hat, mich salutieren zu sehen. Dass dieses kleine, dünne Mädchen Stimme bekennen kann und ihre Träume verwirklicht. Die Zweifel anderer zu Staub verkommen zu lassen ist eine so viel größere Genugtuung als den Zweifler in sich selbst zum verstummen zu bringen. Und seine Zweifler zu kennen hat neben dem Ansporn an sich selbst noch einen Vorteil: Ich kenne dich Zweifler, aber da du an mir zweifelst, kennst du mich überhaupt nicht. Also zweifel ruhig weiter, denn du wirst mich nie kennen.

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